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Anne guckte schon Oma beim Kochen zu, verstand sich aber in ihrer Jugend vor allem auf Blätterteigpizza und aufgepeppte Dosenbohnen. Seit ungefähr 2005 ist sie Kochzeitschriftenabhängig und allzeit dazu bereit jeden Unsinn auszuprobieren. Trotzdem geht der Hefeteig nicht immer hoch, wurde schon Sahne zu Butter gerührt und klumpige Vanillesauce in den Abfluss geschüttet. Tja.

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Canelés mit Kruste

Ich liebe Canelés, seit ich sie zum ersten Mal im Urlaub in Frankreich probiert habe. Natürlich musste ich dann zu Hause auch selber welche backen.

Canelés sind kleine Küchlein aus einem sehr flüssigen Teig, die sehr lange gebacken werden. Außerdem muss der Teig laut Rezept erst mal drei Tage im Kühlschrank rumlungern, bevor man die Formen überhaupt erst in mehreren Durchgängen in den Ofen schieben darf. Da backen sie dann eine Viertelstunde bei sehr heißen Temperaturen, dann wird der Ofen runtergeschaltet und es wird noch mal eine gute Dreiviertelstunde weiter gebacken.

Am Ende – so jedenfalls die Theorie – haben die Canelés eine schöne dunkle Kruste und sind innen noch hell und weich. In jedem Fall verbrennt man sich die Finger, wenn man die Törtchen aus der Silikonform drückt. Backen ist nix für Weicheier!

Bei mir werden sie eigentlich immer außen schön schwarz. Ich passe schon auf, decke vorzeitig mit Alufolie ab, hole früher aus dem Ofen und immerhin wird es auch langsam besser. Vielleicht werden sie irgendwann tatsächlich mehrheitlich mit brauner statt schwarzer Kruste aus dem Ofen kommen, der Kollege wird nicht mehr „ACRYLAMIDRÖLLCHEN!“ jubeln, wenn ich welche auf die Arbeit mitbringen und ich werde die anderen Kollegen nicht mehr mit „Sie sind etwas verbrannt, aber trotzdem sehr lecker!“ auf die prinzipielle Verzehrbarkeit hinweisen müssen.

Der ätherische Tafelspitz

Wir waren so gut vorbereitet, wirklich so gut.

Zum 75. Geburtstag meiner Schwiegermutter wollten wir ihr und der anwesenden Familie ein Fünf-Gänge-Menü schenken, selbst gekocht natürlich, schon wegen der Ehre, weil wir gerne kochen und gucken wollten, ob wir das wohl so hinkriegen zehn 10 Personen in einer fremden Küche.

Als vierten Gang sollte es Tafelspitz geben, und zwar, weil wir kürzlich erst unser Anova-Sous-Vide-Gerät bekommen hatten, sous-vide-gegart. Nun hatten wir noch nie Tafelspitz gemacht und auch erst ein paar Mal sous-vide-gegart, das schreckte uns aber nicht ab. Tafelspitz ist auch nur Fleisch und bisher war alles, was wir mit dem Anova zubereitet hatten, sehr gut und lecker geworden, es konnte also eigentlich gar nicht so viel schief gehen.

Ich hatte ein Rezept für Tafelspitz mit Szechuan-Pfeffer rausgesucht, extra noch eben solchen gekauft und jetzt rieben wir also den Tafelspitz rundherum mit gemörsertem Szechuan-Pfeffer ein, fügten noch ein paar Kräuter hinzu, vakuumierten alles und ab damit ins Wasserbad für die nächsten drei Stunden.

Dazu gab es Kartöffelchen und Gemüse, alles fein. Meine Schwägerin, die viele Jahre in Wien gelebt hatte, freute sich schon besonders auf das Fleisch. Die Spannung war also von allen Seiten groß, als wir das Fleisch aus dem Wasser holten, aus dem Beutel schnitten und in Scheiben mit den Beilagen servierten.

Ein erster Happen und die Gesichtszüge aller Probierenden sprachen Bände.

„Das… äh… schmeckt irgendwie… äh… interessant?“

Ja, es schmeckte interessant, und vor allem an erster Stelle völlig unerklärbar interessant. Es war ein bisschen so, als würde man in einen Saunaaufguss beißen. Die Konsistenz war prima, der Gargrad ebenso, aber geschmacklich war das alles nur seltsam, schmeckte nach ätherischen Ölen, sicher irgendwie gesund, aber lecker war doch irgendwie anders.

„Ihr müsst das nicht aufessen!“ rief ich mehrmals, während ich selber tapfer Bissen um Bissen kaute und schluckte, noch nicht mal aus Stolz oder um nichts umkommen zu lassen, sondern weil der Geschmack doch eigentümlich faszinierend war. Aber was war das nur? Die Kräuter? Hätten wir mehr würzen sollen? War irgendwas am Fleisch kaputt? Hatten wir alles falsch gemacht?

Am Ende wurde es mir klar: Der verdammte Szechuan-Pfeffer. Vermutlich war ich dann doch beim Einreiben sehr großzügig mit diesem Gewürz umgegangen, man backt schließlich auch ganze Fische in Salzkruste, warum sollte man dann nicht auch mit quasi vollen Händen den Tafelspitz mit Pfeffer ummanteln.

Es war aber wohl doch zu viel des Guten und zusammen mit dem langen Garprozess im Vakuumbeutel war der doch sehr eigene Geschmack des Pfeffers noch mal besonders gut ins gesamte Fleischstück eingezogen. Jetzt hatten wir einen ätherischen Tafelspitz, der zwar niemandem so wirklich schmeckte, aber zumindest nicht zäh war.

Wenn man also zum ersten Mal eine spezielle Zutat bearbeitet, sollte man vielleicht nicht noch zusätzlich eine ganz spezielle Garmethode und eine ganz spezielle Würzmischung daran ausprobieren.