Kategorie: Backen

Canelés mit Kruste

Ich liebe Canelés, seit ich sie zum ersten Mal im Urlaub in Frankreich probiert habe. Natürlich musste ich dann zu Hause auch selber welche backen.

Canelés sind kleine Küchlein aus einem sehr flüssigen Teig, die sehr lange gebacken werden. Außerdem muss der Teig laut Rezept erst mal drei Tage im Kühlschrank rumlungern, bevor man die Formen überhaupt erst in mehreren Durchgängen in den Ofen schieben darf. Da backen sie dann eine Viertelstunde bei sehr heißen Temperaturen, dann wird der Ofen runtergeschaltet und es wird noch mal eine gute Dreiviertelstunde weiter gebacken.

Am Ende – so jedenfalls die Theorie – haben die Canelés eine schöne dunkle Kruste und sind innen noch hell und weich. In jedem Fall verbrennt man sich die Finger, wenn man die Törtchen aus der Silikonform drückt. Backen ist nix für Weicheier!

Bei mir werden sie eigentlich immer außen schön schwarz. Ich passe schon auf, decke vorzeitig mit Alufolie ab, hole früher aus dem Ofen und immerhin wird es auch langsam besser. Vielleicht werden sie irgendwann tatsächlich mehrheitlich mit brauner statt schwarzer Kruste aus dem Ofen kommen, der Kollege wird nicht mehr „ACRYLAMIDRÖLLCHEN!“ jubeln, wenn ich welche auf die Arbeit mitbringen und ich werde die anderen Kollegen nicht mehr mit „Sie sind etwas verbrannt, aber trotzdem sehr lecker!“ auf die prinzipielle Verzehrbarkeit hinweisen müssen.

Mit roter Grütze geht’s eigentlich

Einige meiner misslungenen Backversuche (zu trocken, sieht komisch aus, nicht richtig hochgegangen etc.) ließen sich übrigens ganz passabel mit roter Grütze* retten. Einfach großzügig ein paar Löffel obendrauf oder – wenn man es etwas weniger rustikal möchte – aufschneiden und dazwischen schmieren. Wenn man sich nicht verrät, sieht es dann oft so aus, als wenn das genau so soll. Und es schmeckt in der Regel richtig gut.

* Wegen akuter Notlage bevorzuge ich hier die schnöde fertige rote Grütze aus dem Supermarkt.

Ein Fluch liegt über der Familientorte

Es gibt nicht sehr viele, aber doch einige Dinge, die in unserer Familie traditionell gekocht, gebacken und gegessen werden. Die großartige Trümmertorte gehört dazu. Ein leckeres Ding mit Sahne, Baiser und Stachelbeeren. (Den Namen „Trümmertorte“ haben wir übrigens erst vor ein paar Jahren kennengelernt, bei uns hieß sie bis dahin immer nur „Stachelbeertorte mit Baiser“.)

Grob gesagt werden zwei Teigböden mit Baiser oben drauf gebacken und dazwischen kommen geschlagene Sahne und Stachelbeeren (in angedicktem Stachelbeersaft). Die Mischung aus den sauren Beeren und dem pappsüßen Baiser ist einfach toll. – Wichtig in unserer Familie: Das Baiser soll durchgebacken, fest und trocken sein, nicht weich und zäh.

In meiner Kindheit wurde die Torte von meiner Oma gebacken, später dann von meiner Mutter. Letztere machte das aber nur widerwillig, weil es etwas aufwendiger ist und ihr auch nicht immer gelang. Wegen dieser Widerwilligkeit und wegen des sehr hohen Alters unserer Oma haben meine Schwester und ich es schließlich auch schon ein paarmal probiert. Allerdings nur mit mäßigem oder auch keinem Erfolg.

Das Problem ist der Teig der beiden Böden. Irgendetwas im Universum muss sich innerhalb des letzten Jahrzehnts dramatisch verändert haben, denn das seit Anbeginn unserer Familie bewährte Rezept funktioniert nicht mehr. Der Teig geht nicht mehr auf, er bleibt klietschig oder verbrennt. Was außerdem knifflig ist: dass gleichzeitig ja auch noch das Baiser auf den Böden trocken und fest werden soll.

Ich hab deshalb schon ein bisschen rummanipuliert an dem Rezept: weniger Hitze beim Backen, dafür mehr Zeit, veränderte Zutatenmengen, Baiser und Böden voneinander getrennt backen, erst das eine, dann das andere hinterher, ganz anderer Teig … In Wirklichkeit hat nichts funktioniert.

Deshalb wird in unserer Familie inzwischen nur noch über die Stachelbeertorte gesprochen, niemand will sie aber mehr backen. Meine über neunzigjährige Oma sowieso nicht, meine Mutter weigert sich strikt und ich nehme es mir nur immer mal wieder vor. – Falls ich einen neuen Versuch unternehme, werde ich das aber auf jeden Fall dokumentieren.